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A. Die Massnahmen |
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I. Unterbringung zur Behandlung oder Betreuung |
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Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
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Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
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Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
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Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
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II. Zurückbehaltung freiwillig Eingetretener |
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Will eine Person, die an einer psychischen Störung leidet und freiwillig in eine Einrichtung eingetreten ist, diese wieder verlassen, so kann sie von der ärztlichen Leitung der Einrichtung für höchstens drei Tage zurückbehalten werden, wenn sie: |
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1. sich selbst an Leib und Leben gefährdet; oder |
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2. das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet. |
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Nach Ablauf der Frist kann die betroffene Person die Einrichtung verlassen, wenn nicht ein vollstreckbarer Unterbringungsentscheid vorliegt. |
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Die betroffene Person wird schriftlich darauf aufmerksam gemacht, dass sie das Gericht anrufen kann. |
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2. Verfahren |
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Die Ärztin oder der Arzt untersucht persönlich die betroffene Person und hört sie an. |
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Der Unterbringungsentscheid enthält mindestens folgende Angaben: |
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1. Ort und Datum der Untersuchung; |
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2. Name der Ärztin oder des Arztes; |
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3. Befund, Gründe und Zweck der Unterbringung; |
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4. die Rechtsmittelbelehrung. |
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Das Rechtsmittel hat keine aufschiebende Wirkung, sofern die Ärztin oder der Arzt oder das zuständige Gericht nichts anderes verfügt. |
4 |
Ein Exemplar des Unterbringungsentscheids wird der betroffenen Person ausgehändigt; ein weiteres Exemplar wird der Einrichtung bei der Aufnahme der betroffenen Person vorgelegt. |
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Die Ärztin oder der Arzt informiert, sofern möglich, eine der betroffenen Person nahestehende Person schriftlich über die Unterbringung und die Befugnis, das Gericht anzurufen. |
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E. Medizinische Massnahmen bei einer psychischen Störung |
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I. Behandlungsplan |
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Wird eine Person zur Behandlung einer psychischen Störung in einer Einrichtung untergebracht, so erstellt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der betroffenen Person und gegebenenfalls ihrer Vertrauensperson einen schriftlichen Behandlungsplan. |
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Die Ärztin oder der Arzt informiert die betroffene Person und deren Vertrauensperson über alle Umstände, die im Hinblick auf die in Aussicht genommenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken und Nebenwirkungen, über Folgen eines Unterlassens der Behandlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten. |
3 |
Der Behandlungsplan wird der betroffenen Person zur Zustimmung unterbreitet. Bei einer urteilsunfähigen Person ist eine allfällige Patientenverfügung zu berücksichtigen. |
4 |
Der Behandlungsplan wird der laufenden Entwicklung angepasst. |
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II. Behandlung ohne Zustimmung |
1 |
Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person, so kann die Chefärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vorgesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen, wenn: |
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1. ohne Behandlung der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht oder das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet ist; |
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2. die betroffene Person bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig ist; und |
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3. keine angemessene Massnahme zur Verfügung steht, die weniger einschneidend ist. |
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Die Anordnung wird der betroffenen Person und ihrer Vertrauensperson verbunden mit einer Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitgeteilt. |
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G. Anrufung des Gerichts |
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Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann in folgenden Fällen schriftlich das zuständige Gericht anrufen: |
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1. bei ärztlich angeordneter Unterbringung; |
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2. bei Zurückbehaltung durch die Einrichtung; |
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3. bei Abweisung eines Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung; |
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4. bei Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung; |
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5. bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit. |
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Die Frist zur Anrufung des Gerichts beträgt zehn Tage seit Mitteilung des Entscheids. Bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit kann das Gericht jederzeit angerufen werden. |
3 |
Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz. |
4 |
Jedes Begehren um gerichtliche Beurteilung ist unverzüglich an das zuständige Gericht weiterzuleiten. |
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Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 (AS 2011 725; BBl 2006 7001). |